AWO Neckar-Odenwald gGmbH - Vielfalt ist Stärke!

Vielfalt ist Stärke!

AWO Event „Bunt, Bunter, Vielfalt!“ ein voller Erfolg

 

„Vielfalt, nicht Uniformität ist Stärke“ lautet ein Zitat von Willy Brandt. Bei der AWO Neckar-Odenwald ist man sich einig: die haben wir. Gemeinsam mit einigen Fachleuten wurden die verschiedensten Aspekte der gesellschaftlichen Vielfalt am vergangenen Samstag rund 100 Gästen nähergebracht.

 Osterburken. Der Einstig: zugegebenermaßen etwas ungewöhnlich. Mit provokanten Aussagen wurde am vergangenen Samstag das AWO-Event „Bunt, Bunter, Vielfalt!“ eröffnet. „Aussagen, die mit Sicherheit viele von Ihnen bereits gehört oder unbedacht selbst ausgesprochen haben. Sätze, die oft der Beginn von Hetze sind“ stellte AWO Vorsitzende Gabriele Teichmann in ihrer Eröffnungsrede fest. An ihrer Seite AWO Geschäftsführerin Petra Ilzhöfer. Beide berichteten zunächst gemeinsam über den Weg der Projekteidee „Queer in der Pflege“ bis hin zu diesem offiziellen AWO-Event.

Die Idee, das Projekt des AWO Bundesverband auch im Neckar-Odenwald-Kreis aufzugreifen kam in einer Runde der AWO Denkfabrik Neckar-Odenwald. Einem Arbeitskreis aus Mitarbeitenden zur Entwicklung von Ideen und Projekten zur Weiterentwicklung des Unternehmens. Zwar seien Akzeptanz und Toleranz Grundstein einer jeden guten Erziehung war man sich einig, und auch die Grundwerte der Arbeiterwohlfahrt würden das tägliche Handeln aller hauptamtlichen Mitarbeitenden, aller engagierten im Ehrenamt und das aller Mitglieder vorgeben. Dennoch war allen beteiligten klar: Wir können noch viel lernen und viel verbessern. Von der Gestaltung von Aufnahmeanträgen und Heimverträgen, über die Biographiearbeit bis hin zu Kommunikationstrainings und das Üben von Techniken zur Deeskalation. In einem gemeinsamen Lernprozess wird man all diese Themen bei der AWO Neckar-Odenwald nun angehen. Während der Ausarbeitung der Themen sei allen Beteiligten schnell klar gewesen, dass noch deutlich mehr Handlungsbedarf bestehe. Schließlich entwickelte sich aus dem Projekt „Queer in der Pflege“ das Projekt „Vielfalt“, welches sich sowohl mit „Queer in der Pflege“ beschäftigt, aber gleichzeitig auch mit den Themen Inklusion und Integration von Menschen mit Unterstützungsbedarf, Menschen anderer Herkunft, anderer Religionen uvm.

Landrat Dr. Achim Brötel ließ es sich nicht nehmen, bei diesem besonderen Event im Landkreis dabei zu sein. In seinem Grußwort betont er „Vielfalt, ein Thema mit unglaublich vielen Facetten, die aber immer wieder auf denselben Kern zurückführen, nämlich die Möglichkeit, ungestraft anders zu denken und vor allem auch anders sein zu dürfen.“ Es sei wichtig, sich mit diesem Thema immer wieder neu zu beschäftigen. Menschen mit Behinderungen gehören genau so zur Gesellschaft, wie Menschen anderer Herkunftsländer, oder Menschen mit Lebensmodellen, die sich von dem Unterscheiden, was der bisher gewohnten Sichtweise entsprochen habe, machte er deutlich. Für Menschsein gebe es keine Norm.

 

In diesem Zusammenhang bedankte er sich im Namen des Neckar-Odenwald-Kreises sehr herzlich beim AWO Kreisverband Neckar-Odenwald e.V., stellvertretend bei der Vorsitzenden Gabriele Teichmann sowie Geschäftsführerin Petra Ilzhöfer, für die mustergültige Art und Weise auf das Thema Vielfalt, oftmals auch Diversity, aufmerksam zu machen.

Besonders freute sich das gesamte Team der AWO Neckar-Odenwald darüber, dass auch Claudia Mandrysch, Vorständin AWO Bundesverband e.V. extra aus Berlin angereist war, um gemeinsam den Grundstein für den Vielfalts-Prozess zu legen. Auch sie freute sich sehr, dass das Pilotprojekt des AWO Bundesverband Anklang in der doch ländlicheren Region im Neckar-Odenwald-Kreis Anklang findet.

Der ortsansässige Bürgermeister der Stadt Osterburken Jürgen Galm war begeistert, Gäste aus dem gesamten Landkreis, sowie extra angereiste von Nordrhein-Westfahlen und Berlin herzlich in der Römerstadt Osterburken begrüßen zu dürfen. Die AWO Neckar-Odenwald sei seit 1996 nicht mehr aus der Stadt wegzudenken machte er deutlich. In einem Angehörigenabend im AWO Wohn- und Pflegezentrum sei angemerkt worden, dass es in der Römerstadt einige Barrieren zu beseitigen gebe. Beispielsweise seien die Bordsteine zu hoch für Rollstühle und Rollatoren berichtete er. Sehr gerne nehme er diese Anmerkungen mit ins Rathaus, um gemeinsam mit seinen Mitarbeitenden vor Ort Lösungsmöglichkeiten anzugehen, damit die Stadt Osterburken barrierefreier wird.

Es folgte schließlich ein Vortrag zum Thema „Die Kraft der Vorstellung. Wie kann unsere Gesellschaft für alle Menschen inklusiver werden?“ von Prof. Dr. Karim Fereidooni, Juniorprofessor für Didaktik der sozialwissenschaftlichen Bildung. Ein Beispiel, dass den meisten wohl im Gedächtnis geblieben ist: nur 4 von 337 OberbürgermeisterInnen in Deutschland haben einen Migrationshintergrund – das sind gerade mal 1,2%. Eine Frau mit Migrationshintergrund in diesem Amt gibt es keine.

Um zu erfahren, wie Migrantinnen und Migranten die Ankunft in Deutschland erleben, hatte man sich Unterstützung vom AWO Unterbezirk Hochsauerland/Soest geholt. Dort gibt es seit einigen Jahren das Projekt „Migranten Mischen Mit“ des Jugendmigrationsdienstes. Junge Migrantinnen und Migranten gaben mit Hilfe von Gesagt, Rap, Poesie und Interviews einen Einblick auf ihr Ankommen in Deutschland. Sie erzählten, was sie erlebt haben, was sie gelernt haben, welche Herausforderungen es beispielsweise mit der Sprache gab, aber auch, welche kulturellen Unterschiede sie kennengelernt haben. So wurde deutlich: Das Klischee der Pünktlichkeit in Deutschland ist wohl nicht nur ein Klischee.

Zu Beginn ihres Vortrages als Keyspeakerin der Veranstaltung begann Nora Eckert, Vorsitzende Bundesverband Trans* e.V., deutlich zu machen: Alle Menschen sind gleich in ihrer Verschiedenheit. Zwar sei der Gleichheitsgrundsatz rechtlich klar, inwieweit dies der gesellschaftlichen Wirklichkeit entspreche, lies sie aber offen. In ihrem Vortrag spannte Eckert dann den Bogen zum Projekt Öffnung der Altenpflege für LSBTIQ*, dessen Sensibilisierungsprozess in diesem Jahr auch bei der AWO Neckar-Odenwald startet. Eine der häufigeren Antworten aus Pflegeeinrichtungen sei „Nein, so etwas gibt es bei uns nicht.“ Mit einem lächeln im Gesicht versicherte sie allen Anwesenden: Queere Menschen gebe es bei einem geschätzten Bevölkerungsanteil von etwa 10% überall – auch in Pflegeeinrichtungen. Die Sichtbarkeit sei eine andere Frage in Anbetracht der Tatsache, dass Menschen jenseits der 60 Jahre aus einer Zeit kommen, in der queere Lebensweisen keinesfalls akzeptiert und oftmals sogar kriminalisiert waren. Lesbischen Müttern entzog man bis in die 90er Jahre noch das Sorgerecht für ihre Kinder machte Nora Eckert deutlich. Grund: sie könnten keine guten Mütter sein. Schwule konnten bis 1969 im Gefängnis landen wegen der Strafbarkeit „gleichgeschlechtlicher Unzucht“.

 

Im Laufe des Vortrages der Vorsitzenden des Bundesverband Trans e.V. wurde eines sehr deutlich: Menschen aus dem LSBTIQ*-Kreis hatten in ihrem Leben gute Gründe mehr oder weniger unsichtbar, versteckt zu leben. Wer von diesen Menschen heute Pflege in Anspruch nehmen muss, wird schnell feststellen, dass sie eher selten, bis gar nicht mitgedacht werden. In Sachen Inklusion und Teilhabe stünde man hier erst am Anfang formulierte sie deutlich.

Nachdem die Anwesenden einige neue Informationen durch die vorangegangenen Fachvorträge und Beiträge sammeln konnten fand eine Podiumsdiskussion statt. Moderiert wurde diese von Martin Herrmann, Diplom-Politologe aus Rosenberg-Hirschlanden. Gemeinsam mit Vorständin Claudia Mandrysch vom AWO Bundesverband; Vorsitzende Nora Eckert vom Bundesverband Trans*; Hansjörg Seeh, Ehrenvorsitzender AWO Bezirksverband Baden e.V., Markus Dosch von HERZ statt HETZE Neckar-Odenwald-Kreis, sowie Hana Dahnon und Jonas Schmidt, die aus eigener Erfahrung berichteten, sprach man über die im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung aller Menschen. Im Verlauf der Podiumsdiskussion wurde klar: Das Grundgesetz ist in den Vergangenen Jahrzehnten nicht der Spiegel des gesellschaftlichen Status quo gewesen. Vielmehr war und ist es ein Versprechen für eine bessere Zukunft. Dennoch waren sich alle Anwesenden auch einig darin, dass alles seine Zeit braucht. Es tut sich in allen Bereichen der Vielfalt etwas: wenn auch in kleineren Schritten.

Hansjörg Seeh, ehemaliger Sozialbürgermeister der Stadt Freiburg i. R., hat mit seinen 86 Jahren viele gesellschaftlichen Entwicklungen miterlebt. Er stellte abschließend fest „Die Verfassung will ein Leben in Vielfalt, nicht in Einfalt.“ Mit seinen 86 Jahren hat er vielen gesellschaftlichen Entwicklungen miterlebt. Zum Schluss der Podiumsdiskussion lobte er den AWO Kreisverband Neckar-Odenwald e.V. für die großartige und lehrreiche Veranstaltung. Gleichzeitig betonte er, dass nicht viele Kreisverbände es schaffen ein solch einmaliges Event auf die Beine zu stellen.

Mit der Aufnahme des Projekts „Queer im Alter“ in ihren Einrichtungen schaffte die AWO Neckar-Odenwald ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der Sensibilisierung, machte Projektleitung Stefanie Lang am Ende der Veranstaltung klar. Und diese Sensibilisierung werde auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Es gehe darum, wie der Alltag in den Einrichtungen für die Menschen aussieht, die die AWO Neckar-Odenwald versorgt.

Indem die knapp 100 anwesenden Gäste zum Nachdenken bewegt wurden, habe man nicht nur den Grundstein im Neckar-Odenwald erreicht, sondern vielmehr auch das Wunschziel der AWO Neckar-Odenwald für die Veranstaltung machte Stefanie Lang zum Schluss deutlich. Es gilt sich eine bewusstere Kommunikation anzugewöhnen, Techniken zur Deeskalation zu erlernen, aber auch die alltägliche Bürokratie anzupassen.

Mit verschiedenen Thementischen bspw. Herz statt Hetze, der Integrationsbeauftragten des Landkreises, dem Pflegestützpunkt und der AWO, sowie einem vielfältigen Buffet, bestehend aus vielen Leckereien unterschiedlicher Länder, sowie dem Anschnitt der AWO-Vielfalts-Torte ließ man den schließlich informativen Nachmittag gemeinsam ausklingen.

 

Foto der Podiumsdisskussion, Teilnehmer:innen v. l.: Nora Eckert (Vorsitzende Bundesverband Trans*), Martin Herrmann (Moderator), Hansjörg Seeh (Ehrenvorsitzender AWO Bezirksverband Baden e.V.), Jonas Schmidt und Hana Dahnon berichteten aus ihren Erfahrungen, sowie Claudia Mandrysch (Vorständin AWO Bundesverband e.V.) und Markus Dosch (Herz statt Hetze). 

 

 

 

 

 

 

v.l.: Gabriele Teichmann (Vorsitzende AWO Kreisverband Neckar-Odenwald e.V.), Petra Ilzhöfer (Geschäftsführerin AWO Neckar-Odenwald) und Claudia Mandrysch (Vorständin AWO Bundesverband e.V.)

 

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